Interview mit Björn Miksch, Team Leader Deutschland

Interview mit Björn Miksch, einem von zwei Betreuern des deutschen Teams, das Ende Juli am sogenannten Physik-Weltcup teilnehmen wird

Teheran, Seoul, Brisbane, Wien – und in diesem Jahr Bad Saulgau. Zum ersten Mal wird Ende Juli in der oberschwäbischen Kurstadt der so genannte Physik-Weltcup, das International Young Physicists‘ Tournament (IYPT), ausgetragen. Während des einwöchigen Wettbewerbs, der als weltweit anspruchsvollster Physik-Wettbewerb für Schüler gilt, müssen die Teilnehmer 17 vorab gelöste Forschungsaufgaben auf Englisch präsentieren und in einem rhetorischen Wettstreit gegen konkurrierende Teams aus 28 Ländern verteidigen.

Die Vorbereitungen der Teilnehmer dauern mehrere Monate und haben längst begonnen. Schon während des Auswahlverfahrens haben sich die Nachwuchsforscher regelmäßig am Ulmer Standort des Schülerforschungszen- trums Südwürttemberg (SFZ®), Bad Saulgau, getroffen. Ende Mai wurde das fünfköpfige deutsche Team mit zwei Schülern aus Kassel sowie je einem Schüler aus Erlangen, Lörrach und Biberach nominiert. Betreut wird das Team von zwei Physik-Studenten – Florian Ostermaier von der Uni Ulm und Björn Miksch von der Uni Stuttgart. Beide gehörten vor einigen Jahren selbst zur deutschen Mannschaft und waren in Kroatien, Österreich und im Iran mit dabei. Wir haben den gebürtigen Marbacher Björn Miksch (19 Jahre), der im vierten Semester Physik studiert, zum Wettbewerb befragt.

Seit wann laufen die Vorbereitungen für den Physik-Weltcup?
BM: Etwa seit September vergangenen Jahres, nachdem die Aufgaben im Internet standen. Damals fand eine erste Vorbesprechung mit einigen Experten von Schulen und Hochschulen statt. Anschließend waren wir zwei Betreuer in mehreren Städten in Deutschland unterwegs, um den Wettbewerb vorzustellen und Schüler dafür zu begeistern. Denn im Gegensatz zu zum Beispiel Österreich haben wir keine nationale Vorentscheidung.

Wie häufig trefft Ihr Euch im Moment?
BM:
Bis zum letzten Auswahlseminar Ende Mai hatten wir vier Vorbereitungsseminare. Dabei haben alle Kandidaten ihre bisherige Arbeit an den Projekten vorgestellt. Wir haben dann gemeinsam besprochen, wie wir weiter vorgehen wollen. Nachdem das Team jetzt feststeht, treffen wir uns fast wöchentlich entweder mit einzelnen Schülern, um deren Projekten zu besprechen oder als Team, vor allem kurz vor Wettbewerbsbeginn, um die Vorträge zu üben.

17 Forschungsaufgaben müssen vor Beginn des Wettbewerbs gelöst werden. Verzweifelt Ihr da auch manchmal, und wie geht es dann weiter?
BM:
Manche Aufgaben sind schon ganz schön knackig, aber bis jetzt fiel uns immer etwas ein. Wir dürfen ja auch Experten und Wissenschaftler befragen oder ehemalige Teilnehmer. Am Ende bleiben aber trotzdem immer noch ein bis drei Aufgaben, die wir nicht lösen können, was aber kein so großes Prob- lem ist, da man drei der 17 Aufgaben ablehnen kann, ohne einen Punktabzug zu kassieren.

Wie viel Arbeit wartet noch in den kommenden etwa vier Wochen auf Euch? BM: Bis zum Beginn des Wettbewerbs werden wir uns vor allem mit den Aufgaben befassen, bei denen wir mit der Lösung noch nicht zufrieden sind. Zusätzlich haben wir drei Tage eingeplant, die Präsentation optisch und sprachlich zu verbessern. Das heißt, die Schüler halten ihre Vorträge und üben die Diskussionen.

Kandidaten aus mehreren Bundesländern hatten sich beworben, fünf wurden genommen. Wie wurden die fünf ausgewählt?
BM:
Entscheidend war der Eindruck, den die Kandidaten auf den vier Semina- ren hinterlassen haben. Sowohl der Fortschritt an ihren eigenen Projekten als auch die fachliche und sprachliche Kompetenz spielen dabei eine große Rolle. Die Auswahl wurde dann von uns zwei Betreuern getroffen.

Wo liegen die größten Schwierigkeiten? In der Theorie, in der Praxis, in der Präsentation?
BM:
Das ist sehr verschieden, manche Probleme sind theoretisch anspruchsvoll, bei anderen kann theoretisch wenig gemacht werden, dann man muss sich auf die Experimente konzentrieren. Die Präsentation ist sehr anspruchsvoll, weil man die vielen Ergebnisse in knappen zwölf Minuten so unterbringen muss, dass Jury und „Opponent“, also das gegnerische Team, verstehen, was man alles gemacht hat. Das alles natürlich auf Englisch.

Wie haltet Ihr die Kandidaten bei der Stange, denn die Vorbereitung dauert mehrere Monate?
BM:
Die Schüler, die jetzt ausgewählt wurden, müssen von uns nicht motiviert werden. Es ist die Faszination für die Physik, die sie bei der Stange hält.

Deutschland hat den Physik-Weltcup bereits sechsmal gewonnen und gehört damit zu den Favoriten. Wo lauert die stärkste Konkurrenz?
BM:
Starke Konkurrenz lauert vor allem in den Ländern, die im Vorfeld einen sehr großen nationalen Auswahlwettbewerb veranstalten und damit sehr viele Schüler haben, die die Lösungen erarbeiten. Allen voran Südkorea und Österreich. Beide haben ebenfalls schon oft das Finale erreicht.

Sie selbst waren als Schüler 2010 Mitglied im deutschen Team. Welche Erfahrungen können Sie weitergeben?
BM:
Die wichtigste Erfahrung ist, dass selbst die besten Lösungen oft nicht das Turnier gewinnen. Es hängt extrem viel davon ab, wie verständlich man seine Ergebnisse präsentiert und wie hartnäckig man sie verteidigt bzw. die der anderen angreift. Natürlich gehört auch viel Glück dazu, das schlägt sich in den extrem verschiedenen Jurywertungen für ein und denselben Vortrag nieder.